„Teilhabe in ‚neuen‘ Ankunftsquartieren stärken“
Beim Ankommen Neuzugewanderter werden wichtige Weichen für gesellschaftliche Teilhabe gestellt. In „traditionellen“ Ankunftsquartieren finden Neuzugewanderte über Jahrzehnte entwickelte Unterstützungsnetzwerke und Infrastrukturen vor, die ihnen zum Beispiel das Finden des ersten Sprachkurses, einer Wohnung oder einer Arbeit erleichtern. Doch wie gelingt das Ankommen in Stadtgebieten, die erst seit relativ kurzer Zeit von internationaler Migration geprägt sind? Wie finden Zugewanderte Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen, wenn lokale „Andockstellen“ bislang noch wenig ausgeprägt sind? In einem transformativen Forschungsprojekt begleiten wir deutschlandweit zwölf Kommunen über zwei Jahre bei genau dieser Fragestellung. Gemeinsam mit lokalen Akteur*innen identifizieren wir Herausforderungen vor Ort und entwickeln Strategien und konkrete Maßnahmen, um Angebote auszuweiten und Zugänge für Zugewanderte in neu entstandenen Ankunftsquartieren zu erleichtern. Gleichzeitig fördern wir den Wissensaustausch zwischen den Kommunen.
Projektkontext & Zielsetzung
Städte und Gemeinden in Deutschland sind von zunehmender Migration und Diversität geprägt. Arbeits- und kriseninduzierte Wanderungsbewegungen stellen Kommunen vor erhebliche Herausforderungen. Dies betrifft die gezielte Ausrichtung von Verwaltungsstrukturen wie auch die Zusammenarbeit mit Akteuren aus Wohnungswirtschaft oder Zivilgesellschaft, um die gesellschaftliche Teilhabe Neuzugewanderter gemeinsam zu fördern.
Untersuchungen der letzten Jahre zeigen dabei einen wichtigen Trend: Neuzugewanderte ziehen nicht nur in „traditionelle“ Ankunftsquartiere, sondern auch in Quartiere und Kommunen, die bisher weniger durch Zuwanderung gekennzeichnet waren. Jedoch fehlen in diesen „neuen“ Ankunftsquartieren gewachsene Unterstützungsnetzwerke, es gibt kaum Erfahrungen im Umgang mit Diversität und nur wenige ankunftsbezogene Infrastrukturen.
Mit dem Projekt „Teilhabe in „neuen“ Ankunftsquartieren stärken“, das von der Stiftung Mercator gefördert wird, sollen Kommunen in der Stärkung von Teilhabe und Zusammenhalt unterstützt werden. Ausgangspunkt sind jene „neue Ankunftsquartiere“, in denen lokale Akteur*innen besonderen Handlungsdruck sehen und noch nicht über erprobte Interventionspraxis verfügen. Ziel ist es, Akteur*innen vor Ort darin zu unterstützen, gemeinsam getragene Strategien zur Teilhabeförderung und für ein gutes Zusammenleben zu entwickeln. Der Aufbau einer kommunalen „Integrations-Governance“ dient dazu, Teilhabe und Zusammenhalt auch langfristig zu festigen. Die im Projekt gemachten Erfahrungen werden anderen Kommunen sowie einer breiten (Fach-)Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Projektbausteine
Bundesweite Kommunalbefragung
In einem ersten Schritt wird eine Online-Befragung aller Kommunen mit mindestens 50.000 Einwohner*innen (knapp 200 Groß- und Mittelstädte) sowie eine Stichprobe (30-50 Prozent) von Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohner*innen durchgeführt. Mit dieser bundesweiten repräsentativen Kommunalbefragung soll ein Überblick gewonnen werden, wie Herausforderungen in den „neuen“ Ankunftsquartieren beschrieben und bewertet werden und welche Strategien im Umgang mit Zuwanderung in den Kommunen verfolgt werden.
Expert*inneninterviews
Ebenfalls zu Beginn des Projekts führen wir insgesamt 30 leitfadengestützte Interviews mit kommunalen und nationalen Expert*innen. Neben 15 Vertreter*innen von Kommunen mit besonderem Handlungsdruck werden weitere 15 Interviews geführt mit Bundes- und Landesministerien, Verbänden, der Wohnungswirtschaft, Migrant*innenselbstorganisationen sowie der Wissenschaft. Mit Hilfe der qualitativen Interviews sollen die in der Kommunalbefragung gewonnenen Erkenntnisse in ausgewählten Kommunen vertieft sowie unterschiedliche Perspektiven auf „neue“ Ankunftsquartieren erfasst werden.
Zentrale Ergebnisse aus Kommunalbefragung und Interviews stellen wir im Rahmen eines nationalen Workshops in Berlin zur Diskussion. Eingeladen werden dazu Expert*innen und Vertreter*innen von kommunalen Spitzenverbänden, Bundes- und Landesministerien, Dachverbänden der Wohnungswirtschaft und Migrant*innenselbstorganisationen. Gemeinsam mit den eingeladenen Expert*innen werden aktuelle Herausforderungen und lokale Erfahrungen im Umgang mit Ankunftsquartieren sowie offene Fragestellungen für die Stärkung von neuen Ankunftsquartieren diskutiert.
Begleitung der Kommunen
Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist die Begleitung von zwölf Kommunen, die über zwei Jahre bei der Stärkung von Teilhabe und Zusammenhalt unterstützt werden. Bei der Auswahl der Kommunen werden über neue Ankunftsquartieren in Großstädten hinaus insbesondere auch Klein- und Mittelstädte berücksichtigt. Das Forschungsteam fördert den Erfahrungsaustausch zwischen den teilnehmenden Kommunen durch verschiedene Workshops. Zusätzlich werden nationale und internationale Erfahrungen aus „traditionellen“ Ankunftsquartieren eingebracht.
Wichtiges Ziel des Projekts ist der Aufbau einer kommunalen „Integrations-Governance“, die Kommunen auch nach Projektende befähigt, Teilhabe und sozialen Zusammenhalt in Ankunftsquartieren dauerhaft zu festigen. Hier spielen insbesondere die ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene, die Vernetzung sozialer Infrastrukturen und die Einbindung von "alten" und "neuen" Quartiersbewohner*innen sowie die Kooperation von Verwaltungs- und Quartiers-Akteur*innen eine wesentliche Rolle.
Vernetzung & Öffentlichkeitsarbeit
Über Veranstaltungen, Publikationen sowie eine Projektwebseite werden die Erfahrungen aus den zwölf ausgewählten Städten anderen Kommunen sowie einer breiten (Fach-)Öffentlichkeit zugänglich gemacht.