Bremerhaven
Die Seestadt Bremerhaven ist eine durch ihre Lage an der Unterweser geprägte kleine Großstadt mit ca. 119.000 Einwohner*innen. Die Stadt hat eine lange Geschichte der Zuwanderung. Seit den 1960er Jahren zog Bremerhaven Arbeitskräfte aus Südeuropa an, die insbesondere im Hafen und in der Fischverarbeitung tätig waren. Seit den 2010er Jahren ist die Stadt vermehrt Ziel von Fluchtzuwanderung sowie Migration aus anderen EU-Staaten (insbesondere aus Südosteuropa). Heute beträgt der Anteil der ausländischen Bevölkerung ca. 22%. Bis heute sind die Auswirkungen des Strukturwandels spürbar, was sich nicht zuletzt an der Arbeitslosenquote zeigt, die im Jahr2023 bei durchschnittlich 14,1% lag.
Untersuchungsgebiet ist das Goethequartier (Ortsteil „Goethestraße“) im Stadtteil Lehe. Es ist das einzig erhaltene Gründerzeitquartier der Stadt, die während des 2. Weltkriegs vor allem im Innenstadtbereich massive Schäden erlitten hat. Trotz dieser baulichen Struktur hat das Quartier ein negatives Image. Es hat durch den Strukturwandel starke Veränderungsprozesse erlebt. Nachdem das Quartier lange Zeit von Bevölkerungsverlusten geprägt war, steigt die Zahl seit 2011 wieder an. Seither ist die Bevölkerungszahl um 25 % gewachsen – stärker als in jedem anderen Quartier in Bremerhaven. Mit diesen Dynamiken hat sich auch die Bevölkerungsstruktur stark verändert. Der Stadtteil ist sehr jung und der Anteil der ausländischen Bevölkerung liegt inzwischen bei ca. 50 %, was sich nicht zuletzt darauf zurückführen lässt, dass das Quartier ein zentrales Ankunftsquartier für Neuzugewanderte in der Stadt Bremerhaven ist.
Die Stadt ist bemüht die städtebauliche Struktur zu erhalten, das Quartier aufzuwerten und mit Leben zu füllen. Das Quartier ist seit rund 17 Jahren Fördergebiet der Stadterneuerung (‚Stadtumbau-West‘, ‚Wachstum und nachhaltige Erneuerung‘ sowie ergänzend ‚Sozialer Zusammenhalt‘). Die Stadt hat bereits im Jahr 2009 ein Vorkaufsortsgesetz verabschiedet, das ihr ein Vorkaufsrecht beim Erwerb bestimmter Grundstücke einräumt. So konnten in den vergangenen Jahren bereits einige Gebäude erworben werden, die durch private Investitionen und Investitionen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft STÄWOG saniert und instandgesetzt werden konnten und somit zu einer städtebaulichen Aufwertung des gesamten Quartiers beigetragen haben. Eine zentrale Strategie für das Quartier ist es, die Gebäude nach Ankauf „mit gesellschaftlichem Mehrwert“ zu sanieren. Vorzeigeprojekte hierfür sind u.a. das Kreativ- und Künstlerhaus Goethe 45, die Goethestraße 60 (ehemals Lutherstraße 24 = „Mutter“ aller Schrottimmobilien) und das mit Landesmitteln finanzierte Klushuizen-Projekt Uhlandstraße 25. Dieser angestoßene Prozess soll zukünftig fortgeführt werden. Neben der Sanierung von Altbauten ist u.a. die (Wieder-)Belebung des Straßenbilds durch eine Öffnung der Erdgeschosse für Gastronomie, Handel und Dienstleistungen eines der zentralen Ziele, um das Goethequartier aufzuwerten und als Wohnstandort attraktiv zu machen. Ein weiteres zentrales Ziel der Entwicklung des Quartiers ist die Qualifizierung des öffentlichen Raums.
Neben der städtebaulichen Komponente ist die soziale Komponente von besonderer Bedeutung. Mit der gestiegenen internationalen Zuwanderung in das Quartier und der damit zusammenhängenden veränderten Bevölkerungsstruktur gehen einige Herausforderungen einher. Diese ergeben sich aus dem hohen Beratungs- und Unterstützungsbedarf der Zugewanderten, aus teils prekären Wohnverhältnissen und verwahrlosten Immobilien, in denen Menschen untergebracht sind, aber auch aus dem Zusammenleben der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Im Stadtteil gibt es bereits eine Reihe an sozialen Angeboten bzw. Maßnahmen, die auf die Verbesserung sozialer Prozesse abzielen, wie u.a. die Quartiersmeisterei, aber auch Maßnahmen im Bereich Bildung, u.a. durch die Vernetzung von Bildungsangeboten. An den genannten sozialen Herausforderungen wird das Projekt ansetzen.