Dresden

August 19, 2024 8:45 AM

Die sächsische Landeshauptstadt Dresden verzeichnet seit einer Dekade ein stetiges Bevölkerungswachstum und hat aktuell 572.240 Einwohner*innen (Kommunale Statistikstelle, 31.12.2023). Die Attraktivität der Stadt erwächst aus dem reichen Angebot an Kultur- und Bildungsinstitutionen, den vielfältigen Beschäftigungsangeboten sowie der landschaftlichen Lagegunst. Eine Einwanderungsgeschichte haben ca. 17 % der Dresdner*innen. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung liegt bei 12 % (Kommunale Statistikstelle,31.12.2023). Die größten Gruppen stellen die Zugewanderten aus der Ukraine, Syrien, der Russischen Föderation, Polen und China dar. Nach der Untersuchung des WZB, stiegen die Anteile der Ausländer*innen von 2014-2017 vor allem dort, wo ohnehin arme Menschen leben. Als Hauptursache für diese räumliche Segregation gelten die seit 2013 zunehmenden Anspannungstendenzen des Dresdner Wohnungsmarktes und vor allem die abschmelzenden Bestände bezahlbarer sowie belegungsgebundener Wohnungen. Vor 20 Jahren wurden solche Entwicklungen – auch angesichts der Leerstandsquote von fast 13 % – für unwahrscheinlich gehalten. Um die Zinslast der städtischen Verschuldung für den Haushalt zu reduzieren, wurde 2006 das kommunale Wohnungsunternehmen (WoBa, rund 48.000Wohnungen) an Fortress verkauft. Heute gehören die Bestände zur Vonovia. Trotz der Sozial-Charta, die u.a. Belegungsrechte für 8.000 Wohnungen (zzgl. weiterer 2.000 WE auf Grund einer nachträglichen Vereinbarung) beinhaltet, wurden die Beschränkungen der städtischen Einflussmöglichkeiten immer stärker wahrnehmbar. Es wurde 2016 der Beschluss gefasst ein neues kommunales Wohnungsunternehmen (WiD – Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG) zu gründen. Neben dem Neubau (ca. 540 WE) sowie der Einlage bestehender Wohngebäude aus dem Eigentum der Landeshauptstadt Dresden (ca. 490 WE) wurde der Rückkauf von 1.200 Vonovia-Wohnungen in 2024 realisiert.

 

Untersuchungsgebiete

Im Rahmen des Projektes sollen zwei Gebiete vertiefend betrachtet werden: Zum einen die Großwohnsiedlung Gorbitz (ca. 20.000 Einwohner*innen), die am südwestlichen Stadtrand von Dresden liegt und zum anderen das innerstädtische Quartier Ferdinandplatz. Beide Gebiete sind von dynamischen Veränderungsprozessen geprägt, in denen das Zuwanderungsgeschehen eine wichtige Rolle spielt. Das Quartier Ferdinandplatz hat sich in den letzten Jahren bevölkerungsstrukturell sowie mit Blick auf das Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot vor Ort stark verändert. So wird das Quartier in der Presse infolge der offenkundigen Veränderungsprozesse inzwischen als „arabisches Viertel“ bezeichnet.

In Gorbitz hat sich die Zahl der dort lebenden Migranten von 2010 bis 2022 verzehnfacht (von 700 auf 7.000). Die Siedlung gilt als Gebiet mit höherer sozialer Belastung, in der seit vielen Jahren ein Quartiersmanagement und zahlreiche andere soziale Träger aktiv sind. Das bedeutet, dass Integrationsaufgaben dort geleistet werden müssen, wo ohnehin soziale Belastungen vorliegen. Die besondere Herausforderung besteht darin, bestehende Angebote mit Blick auf die Bedarfe von Zugewanderten zu erweitern und auch die schwer erreichbaren Zielgruppen (EU-Zuwanderung) in den Blick zunehmen.

Die bauliche Struktur von Gorbitz wird durch Verkehrsachsen gegliedert. Deutlich wahrnehmbar ist die Aufteilung nach den drei großen Wohnungseigentümern: der Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG (EWG), der Vonovia SE und der Grand City Property (GCP). Der Sanierungsgrad ist bei der EWG am höchsten, auch gehört die Kräutersiedlung (prämiertes Stadtumbauprojekt) und die neu gebauten Kräuterterrassen zu den Beständen der Wohnungsgenossenschaft, die sich zudem sehr in der Gestaltung des Wohnumfeldes engagiert. Wohnungen aus den Beständen der GCP wurden zum Teil als Einzeleigentum veräußert. Hingegen konzentrieren sich die Belegungsbindungen und die Gewährleistungswohnungen (für Asylbewerber bis zum Abschluss des Asylverfahrens) in Gebäuden der Vonovia SE, insbesondere im Gebiet Harthaer Straße.

Gorbitz ist ein reines Wohnquartier. Die Versorgungsangebote konzentrieren sich auf drei Standorte. Es besteht kaum die Möglichkeit der kleinteiligen Ansiedlung von sozialen Infrastrukturangeboten - es werden zum Teil Erdgeschoßwohnungen genutzt. Gerade in den Bereichen, in denen viele Zugewanderte leben, fehlt es an gestalteten Begegnungsräumen im öffentlichen Raum, was zu Nachbarschaftskonflikten führt.

Im Rahmen des Projektes sollen Möglichkeiten der Stabilisierung (QM in Gorbitz läuft 2025 aus) und Stärkung der Vernetzung von Angeboten und Infrastrukturen diskutiert werden. Ein Fokusliegt auf der Erreichbarkeit und Einbindung der Zugewanderten aus Süd-Ost-Europa und die Konzeption eines Akteursbündnis zum Umgang mit den Nachbarschaftskonflikten. Über die Außenstelle der Volkshochschule in Gorbitz bietet sich die Gelegenheit, die Konfiguration der Angebote auf die Bedarfe des Stadtteils zu begleiten.

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