Duisburg
Duisburg ist eine Großstadt mit ca. 500.000 Einwohner*innen im westlichen Ruhrgebiet. Die Stadt ist seit jeher geprägt durch eine Vielzahl an Industriearbeitsplätzen und verfügt über eine lange Migrationstradition, nicht zuletzt aufgrund vieler ehemaliger sogenannter ‚Gastarbeiter*innen‘, die seit den 1960er Jahren im Rahmen des Anwerbeabkommens zugewandert sind. Heutzutage leben ca. 237.000 Menschen mit Migrationsgeschichte in Duisburg, wovon 54 % keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Besonders stark vertreten sind Menschen aus der Türkei, Bulgarien, Syrien und Rumänien. Die Folgen des Strukturwandels sind in der Stadt bis heute spürbar, was sich nicht zuletzt an der vergleichsweise hohen Arbeitslosenquote von ca. 12,7 % (Stand 07/24) zeigt.
Der räumliche Schwerpunkt des Projekts wird auf Marxloh liegen. Marxloh ist ein traditioneller Arbeiterstadtteil, der seit Jahrzehnten von Zuwanderung geprägt ist und noch heute als Wohnstandort Ziel vieler Zuwanderungsbewegungen nach Duisburg ist. Von den etwa 22.000 in Marxloh lebenden Menschen haben ca. 17.700 (Stand 01/24) einen Migrationshintergrund, was einem Anteil von 80 % entspricht. Hiervon besitzen 79 % keine deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Bevölkerungsstruktur änderte sich in Marxloh im Laufe der 2010er Jahre deutlich. Nach der Südosterweiterung der EU im Jahr 2007 und der damit Ende 2013 einhergehenden Herstellung der vollständigen Niederlassungs- und Arbeitnehmerfreizügigkeit gehörte Marxloh zu den zentralen Zuwanderungsorten von Menschen aus Bulgarien und Rumänien, deren Lebenssituation häufig durch extreme Armut gekennzeichnet ist. Ab 2009 kehrte sich der bis dahin laufende Bevölkerungsrückgang in Bevölkerungswachstum. Bis 2015 erhöhte sich die Einwohnerzahl um 13 %, und innerhalb einer Dekade stieg die Bevölkerungszahl um ein Fünftel (2009: 17.500, 2022: 21.700). Der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, darunter insbesondere Zugewanderte aus Bulgarien und Rumänien, die allein heute 36 % der Stadtteilbevölkerung ausmachen, stieg deutlich an. Parallel nahm die Abwanderung von Alteingesessenen stark zu. Die Neuzuwanderung stellte die städtische Infrastruktur vor große Herausforderungen. Der quantitative und qualitative Infrastrukturbedarf veränderte die Entwicklungsrichtung der Stadterneuerung fundamental.
In der Folge der stark erhöhten Zuwanderung wurden die Stabilisierungserfolge, die seit den 1990er Jahren durch Städtebauförderungsprojekte im Stadtteil erreicht worden waren, in Frage gestellt. Eine neue Strategie der Stadterneuerung, die sich auf die neuen Bedarfe bezieht, wurde in den Mittelpunkt gerückt. Das ISEK „Starke Menschen – starke Quartiere“ verpflichtete sich dem Leitbild „Marxloh soll Bildungsstandort werden“. Das Modellvorhaben „Stark im Norden: Alt-Hamborn & Marxloh“ seit 2019 und der Prozess „Arrival City“ seit 2021 verfolgen das Ziel, Marxloh als „Ankunftsstadtteil“ zu stärken. Durch die verschiedenen Ansätze werden die wesentlichen Herausforderungen adressiert, denen sich der Stadtteil gegenübersieht. Neben teils prekären Lebensbedingungen und Wohnverhältnissen und problematischen Wohnimmobilien, Bildungsdefiziten sowie fehlenden Freiräumen im Quartier wird vor allem das Miteinander der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen als zum Teil problematisch beschrieben.
Aufgrund der langen Zuwanderungshistorie gibt es in Marxloh eine Vielzahl an sozialen Infrastrukturen und Angeboten verschiedener städtischer Ämter und freier Träger sowie eine große Zahl an Vereinen, Initiativen und Organisationen im Bereich Zuwanderung und Integration. Zur Stärkung des Stadtteils und seiner Bewohnerinnen und Bewohner werden soziale Projekte, Beratungs- und Bildungsprojekte durch unterschiedliche Mittel gefördert, insbesondere durchkommunale Mittel, Landes- und Bundesmittel sowie Spenden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Vielzahl an Angeboten und Infrastrukturen übernimmt Marxloh eine wichtige Ankommensfunktion für die Gesamtstadt und die gesamte Region.